Es war einmal in Afrika...
Der Start zur Menschwerdung begann in Afrika. Vor etwa drei Millionen Jahren entwickelte sich die Urform des Homo sapiens unter der Sonne des Äquators und besiedelte von dort aus den Rest der Welt.
Es kann schon traurig stimmen, wie wir mit unserer eigenen Entstehungsgeschichte umgehen und die ehemalige Wiege der Menschheit der Armut, Verwahrlosung und Hoffnungslosigkeit überlassen. Afrika, einst die Bühne auf der der erste Mensch die Welt betrat, ist heute das Synonym für Dritte Welt. Daran haben wir uns gewöhnt, damit haben wir uns abgefunden. Der Ist-Zustand des schwarzen Kontinents schlittert zwischen wirtschaftlicher Ausbeutung und punktuellen Entwicklungshilfeprojekten, Überbevölkerung und Tod durch Hunger und Krankheiten, Katastrophen und Kriegen und unglaublicher Lebensfreude im Angesicht des ganzen Elends hin und her. Fast 900 Millionen Afrikaner muss der hungernde und problembeladene Kontinent ernähren; 14 % der Weltbevölkerung, die zumeist abgeschnitten sind vom wirtschaftlichen Wohlstand und technischen Wissen der modernen Industrienationen.
Afrika ist nach Asien der zweitgrößte Kontinent der Erde und ungefähr
dreimal so groß wie Europa. Umgeben vom Mittelmeer, dem roten Meer, dem
indischen Ozean und dem Atlantik teilt die Sahara – die größte
Trockenwüste der Erde – den Kontinent in zwei Hälften: Die vorwiegend
von Arabern bewohnte Nordhälfte und die als Schwarzafrika bezeichnete
Südhälfte. Die landschaftliche Schönheit ist atemberaubend. Karg,
bizarr und lebensfeindlich die Wüsten, Quell allen Lebens die großen
Flüsse und Süßwasserseen, voll von exotischen Tierarten die riesigen
Savannen und geheimnisvoll und majestetisch die letzten Regenwälder und
himmelhohen Gebirge.
Eine Landschaft der Freiheit und Träume, leider mit vielen Narben der Geschichte.
Beginnend mit der Sklaverei im 16. Jahrhundert bis hin zu den Auswüchsen des Kolonialismus richtete sich der Machtanspruch anderer Nationen schon immer auf Afrika. Zwar wurde der Sklavenhandel 1807 verboten und die Europäer verloren vorerst das Interesse, aber mit dem Aufkommen des Imperialismus im 19. Jahrhundert begann dann ein regelrechter Wettlauf, der in weniger als 20 Jahren zur Besetzung des gesamten Kontinents führte. Ziel dieser Politik war die wirtschaftliche, militärische und machtpolitische Nutzung der beherrschten Gebiete, die zumeist in Ausbeutung, totaler Kontrolle und Unterdrückung gipfelte. Bis 1912 hatten fast alle afrikanischen Völker ihre Freiheit verloren. Für die neuen Herren mussten Afrikaner sogar auf dem europäischen Schauplatz des Ersten Weltkriegs kämpfen; im Zweiten Weltkrieg fanden die Kämpfe dann auch in Nordafrika und am Horn von Afrika statt. Nach der Agonie der Weltkriege und dem Aufkeimen der europäischen Wirtschaft in den 50er Jahren entschied man sich für die Entlassung Kolonialafrikas in die Unabhängigkeit. Dieser Entschluss war aber kein großherziger Akt, sondern vollzog sich aus purem Eigennutz. Die Kolonien waren für die Mutterländer einfach nicht mehr rentabel. Man zog sich aus volkswirtschaftlichen Gründen aus Afrika zurück. Ohne Rücksicht auf bereits bestehende Völker- und Stammesgrenzen bildeten die von den Kolonialstaaten gezogenen Grenzen dann zumeist auch die neuen Staatsgrenzen
Die Folgen sind bis heute zu spüren: Mangelndes Nationalgefühl, Instabilität und Bürgerkriege. Eine logische Konsequenz der am Reißbrett geschaffenen Staaten. Die fehlende demokratische Tradition begünstigt zudem die Bildung von Diktaturen, den Einfluss des Militärs und einer von Korruption durchzogenen Politik. Ressourcen und natürliche Reichtümer des Kontinents gehen vielfach in den Export und werden von internationalen Konzernen abgeschöpft. Die Infrastruktur und Technologie zum Aufbau einer unabhängigen Produktion und selbstbestimmten Versorgung war und ist nicht vorhanden. Das Ergebnis der kolonialen Freiheit und neu gewonnenen Unabhängigkeit ist die Tatsache, dass fast ganz Afrika der dritten Welt angehört und kaum eine Chance hat, aus eigener Kraft den Anschluss an den modernen Wirtschafts- und Lebensstandard der Industrienationen zu schaffen.
Was Afrika heute benötigt, ist nicht mehr allein Hilfe, sondern Gerechtigkeit, nicht Mitleid, sondern Eigenständigkeit. Die Länder des Westens profitieren zu günstigen Konditionen von Afrika und ein Transfer der Technologien von Nord nach Süd findet nicht statt. Schuldentilgungen an die Geberländer, Kontrolle des afrikanischen Marktes durch transnationale Konzerne, immer noch vorhandene Handelsbarrieren für afrikanische Produkte und die Relikte der kolonialen Ausbeutung machen es dem schwarzen Kontinent unmöglich, aus eigener Kraft auf die Beine zu kommen. Schuldenerlass und Kolonialentschädigungen, freier Handel, abgabefreie Produktion von HIV-Medikamenten und verstärkte Friedensbemühungen sowie Demokratiebestrebungen wären der einzig gangbare Weg, um Afrika langfristig unabhängig zu machen und einen neuen Geist zu manifestieren. Der Geist, der aus Südafrika entstammt, der Geist und die Philosophie von „Ubuntu“, von dem auch wir in der westlichen Welt noch lernen können!
Vielleicht erinnern wir uns ja doch daran, wo alles einmal begann...